„Sarmako!“

Eine Filmkritik von Nikos Thanos.

Ein Tekés (Kaschemme könnte man auf Deutsch sagen) in Thessaloniki: Gewalt und Spannung gleich zu Beginn, Apathie, Gelassenheit, Wein, Nargilé (Wasserpfeife mit…) und Musik. Auf einmal sitzt Du als Zuschauer mittendrin in dem Tekes (ausnahmsweise diesmal nicht in einem typischen Kellerraum!) und hältst den Atem an.

Der Film Sarmako (in der Rebetiko-Sprache: Sarmako=schweig, halt den Mund, halt Dich raus!) vom Jungregisseur Marco Papadopoulos „gönnt“ dem Zuschauer kein gemütliches Eintauchen in die Szene. Doch, sobald die Musikerband spielt, entlädt sich die ganze Spannung. Das ist Rebetiko. Musik der Außenseiter, die viele beschrieben und doch schwer zu beschreiben ist.

Entstanden ist Rebetiko am Anfang des 20. Jahrhunderts in den Kellerkneipen der Hafenstädte, wo gestrandete mit unterschiedlichen Biografien verkehrten: Gestrandete jeder Art (gescheiterte Existenzen, Herumtreiber, Arbeitslose, altgediente Seeleute, alte, entwurzelte Freiheitskämpfer, abgekämpfte, mittellose Ex-Soldaten, Kleinkriminellen, Prostituierten, Zuhälter…etc.), die sich bei Wein, Haschisch und Musik vor dem „normalem“ Leben sicher und wohl fühlten. Es ist eine andere, eine raue Welt, die Welt, in der die Rebetiko Musik gespielt wird. Die Musik ist einfach, spartanisch, fast eintönig. Doch bald ändert sich die Szene. Nach den Balkankriegen und der „Kleinasiatischen Katastrophe“ 1923 landeten viele geflüchtete Griechen aus Kleinasien in den großen Städten und mit ihnen gute Musiker, die nun auch am Rande der Gesellschaft in provisorischen Baracken lebten und bald in den Kellerkneipen zusammen mit den Rebetikomusikern zu spielen begannen. Dies hat den Rebetiko, als Musikform, weiterentwickelt und ihm musikalisches Niveau beschert.

In „SARMAKO“ wird es sehr deutlich durch das kunstvolle Spielen der Musiker und besonders mit dem Gesang und dem (Kastagneten ähnlichen) Rhythmus-Löffel-Spiel der Sängerin. Elemente, die auf die Musik der Griechen, die früher in Konstantinopel, Smyrna und anderen Orten an der Westküste Kleinasiens lebten, hinweisen. Marco Papadopoulos gelingt es, sehr viel authentische Szenen zu präsentieren und auch wenn die Story als Leitfaden schwer zu verfolgen ist, gewinnt der/die Zuschauer/in einen guten Eindruck, wie Rebetiko und seine Kneipen 1949 am Ende eines irrsinnigen Bürgerkrieges, der der Nazibesatzung folgte, Hafen von vielen Schicksalen, Rahmen und Schauplatz von offenen politischen und familiären Rechnungen wurde. Auch wenn die Rebetiko-Szene als unpolitisch galt, konnte sie nicht in Ruhe existieren und wurde von allen politischen Akteuren und Gruppierungen misstrauisch beäugt und nicht selten angegriffen.

Der Film Sarmako: Sehenswert!